Philipp Klein arbeitet seit 1992 als freischaffender Architekt und Künstler in Cham und Bad Kötzting.
Wo Nichts war – ist Es geworden
Die Lust steht am Anfang. Der Drang etwas zu schöpfen, etwas zu gestalten, etwas zu erzeugen. Die Freude entsteht beim Tun, jedoch auch der Zweifel. Bin ich soweit geklärt und frei, dass ich es erkennen kann? Ich bin bereit, mich seinem Willen zu fügen. Eine unstillbare, aufgeregte Neugierde brennt. Ohne Plan, ohne Absicht legen sich dünne Schichten aufeinander. Ein lasierter tiefer Grund entsteht.
Aber, noch...
- will ich es nicht wissen
- will ich nicht festgelegt sein
- will ich nicht gefangen werden
Farben mischen sich von selbst. Der Malgrund wölbt sich. In Tälern entstehen Seen. Von den Gipfeln läuft die Farbe. Ränder trocknen auf, weiße Stellen bleiben. Es gebiert sich eine Form. Es beginnt zu entstehen. Der Anfang ist gemacht. Der Urgrund ist hergestellt.
Die formale bildnerische Auseinandersetzung beginnt. Dicke pastose Schichten zerstören die sich einstellende Ruhe. Pinsel und Spachtel jagen durch die auftrocknenden Seen und Gipfel hinweg. Formen verbinden sich. Aus dem Vielen wird ein Ganzes.
Jetzt will ich es wissen: Was ist das? Was könnte es sein? Was will es werden?
Sitzen - Schauen - Assoziieren
Fühlen - Denken - Komponieren
Meine Hand, will sein Werkzeug sein.
Ich halte meine Angel in den tiefen Ozean des Es.
Ich arbeite.
Es arbeitet.
Ich will, dass Es lebt.
Es will leben.
Das Irreguläre ist geschöpft. Auf dem leeren Nichts des Malgrunds ist "Es" geworden. Ich weiß, dass ich mich zügeln muss. Ich darf es nicht begrenzen. Ich darf ihm seine Form nicht nehmen. Ich darf es nicht zu einem Abbildhaften machen. Denn eine formale Bestimmtheit wäre sein Tod.
Es braucht den Freiraum der Phantasie,...
- sonst ist es nicht mehr identisch mit sich selbst
- sonst wird es zu einem Teil von mir
- sonst wird aus dem Gewordenen das Gemachte
Ich muss mich an "Es" gewöhnen.
Ich muss Es erst kennen lernen.
Stunden, Tage der Betrachtung vergehen.
Mit dem Abstand wächst die Wertschätzung.
Ich bin froh, dass es dich gibt.
Die Lust erwacht vom Neuen.
Ein neuer Anfang ist gemacht.
Der Wert der Schönheit
Schönheit ist der in der Natur einzige gültige Wert,
der jenseits von humanistischen Bestrebungen nach Tugenden
wie der Wahrheit, dem Guten, dem Gerechten, dem Tapferen?
und wahren Maß absolute Gültigkeit besitzt.
Dinge fügen sich und formen sich zu Strukturen,
die einer inneren Gesetzmäßgkeit gehorchen.
Das Finden der Form ist die herausragendste Berufung,
der sich der Mensch verschreiben kann und
stellt eine lebenslange Herausforderung dar.
Die Suche nach dem Maß, der Proportion, dem Entwurf und dem Detail
verleiht der Kunst eine Sonderstellung, da die Ergebnisse einen
wesentlichen Beitrag auf die innere Gestimmtheit der Betrachter haben.
Farbe, Form und Licht sind die Bausteine des Seins.
Vom Künstler erfordert der Umgang mit den Seins-Elementen
Kreativität und Sensibilität.